15 Dezember, 2008

zeit

zeit. wie oft habe ich versucht, zu verstehen, wie zum teufel sie funktioniert? wir kennen's alle: manchmal rast sie, manchmal ist die zeitlupe auf -17% prozent gerechnet, manchmal ruckeln die zwischenbilder. schön, wie die gegenwart nicht klappt. es macht noch nichtmal sinn, die gegenwart überhaupt zu benennen.

in letzter zeit las ich viel über zeit. im mittelhochdeutschen, so sagt meine lieblingsquelle wikipedia (jaha, ich studier nicht mehr, ich darf vulgärsekundärinformativ arbeiten) gab es das wort "gegenwart" nur in seiner deutung als "anwesenheit". und das gefällt mir. es ist so herrlich zen-buddhistisch, beschreibt die erfahrung des jetzt in der physischen anwesenheit des menschen im moment. interessant auch: die menschen nehmen die gegenwart in 3-sekunden-schritten wahr. das erscheint mir ganz schön lang. in drei sekunden passen drei silben: ge-gen-wart. und dann ist's wieder... was: gegenwart, und dann wieder gegenwart? ja, oder?

ich hatte ja das schöne vergnügen, im sommer ein theaterstück zu inszenieren, in dem genau dieses problem zur sprache, nee, zum physischen ausdruck kam. im frust des nicht-greifen-könnens des hier und jetzt spiegelte sich der frust der gruppe, den mist, den ich mir für sie dazu ausgedacht hatte, körperlich darstellen zu sollen. eigentlich mag ich ja diese bedeutsamen spiegelungen des inhalts einer sache mit der äußeren reaktion des lesers/betrachters/spielers nicht. man kann...

...right about now, the funk...

...it's only time, let it pass away...

ich muss los. später mehr. die zeit ruft und sie heißt inga.
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06 Dezember, 2008

die berliner wissen, wie's geht oder work it, baby

das ist wohl die schlechteste überschrift, die ich je hier veröffentlicht hab. man sollte beim verfassen von online-lit allerdings nicht über überschriften nachdenken, sondern immer das schreiben, was einem zuerst in den sinn kommt. damit ist dann die schnelllebigkeit des www in der litproduktion widergespiegelt und das ganze macht im bauhausschen sinne sinn (form follows function).

seltsamerweise kamen mir gerade nur englische phrasen, die gern in liedern mit pump-basslines verwendet werden, in den sinn und die gingen nicht als überschrift. ich mein, man kann einen post über kluge berliner graffitis ja nicht "work it, baby" oder "shake, shake" nennen, oder?

so, geht los:

ort: verlängerung von der bergmannstraße, kreuzberg
gebäude: ne schule
text: leolein, ick freu mir aufs frühstück :)
konno-/interpretation: leolein, ick freu mir aufs frühstück :)
platz: 1 (für originellste, netteste aussage, die ich seit langem las)
ort: monumentenstraße, schöneberg
gebäude: mein wohnhaus
text: mach was du willst
konno-/interpretation: entweder aufforderung zu anarchie, systemsturz oder zumindest selbstbestimmten handeln. oder: falsch zitierter spruch aus der unendlichen geschichte. "tu was du willst" steht auf der rückseite des auryn, das bastian von der kindlichen kaiserin geschenkt bekommt. bastian muss sich der aufgabe stellen, seinen willen zu entdecken und eine neue welt zu erfinden. meine erste durchlesene nacht mit 12, ich konnte das buch einfach nicht weglegen.
platz: 3 (für erinnerung an diese nacht und an anarchie)
ort: potsdam
gebäude: verlassenes fabrikgebäude
text: -
konno-/interpretation: monster. und frau mit hunger. ich sah dieses bild nach vier stunden harten gehens, mein bauch fühlte sich genauso wie das bild.
platz: 5 (ne 1 für zeit-raum-koinzidenz und ne 6 für drecksbrandenburg)
ort: kreuzbergstraße, kreuzberg
gebäude: stromkasten
text: ich muss die sinne der welt entfachen
konno-/interpretation: alter, was für ein text. ich muss die sinne der welt entfachen. biblische konnotation großes evangelium von johannes: »Sorge du dich um etwas anderes! Wer kann uns hören, wenn Ich es nicht will, und wer wird uns steinigen, wenn Ich ein Herr aller Steine bin? Da sieh hier diesen Stein, den Ich nun aufgehoben habe! Ich will nun, daß er für die Sinne der Welt völlig zunichte werde! Und siehe, er ist es schon! {...} Da sieh hinauf zur Sonne! Sieh, wie sie leuchtet mit ihrem hellen Lichte! Da Ich aber auch ein Herr über die Sonne bin, so will Ich, daß sie nun einige Augenblicke lang kein Licht von sich geben soll! Und siehe, es ist nun finster wie in der Nacht!« mächtige worte, hingeschmiert auf einen stromkasten. so sollte es sein.
platz: 2 (für korrelation graffiti/geistreichtum/aufruf zur veränderung der welt )
ort: böckhstraße, kreuzberg
gebäude: wohnhaus
text: angel in disguise
konno-/interpretation: hab ich schon geliebt, als ich da noch gewohnt habe. lang lebe elvis presley!
platz: 4 (für mentalverknüpfung und elvisliebe)
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05 Dezember, 2008

gorde txartela

funny, how sometimes something completely unemotional can trigger something completely emotional in oneself. i have just cleaned out my wallet. i took out all the little pieces of paper with phone numbers of good-looking and willing... NO: i only took out all the stuff that's been piling up inside the wallet. like receipts and public transportation tickets. i found one piece of paper saying "ryanair - fly cheaper. flt fr372... date 01oct. gate 43." i found another one with the cryptic words "1 voyage - stab. valider dès l'achat et en correspondance. valable 1 heure." on it. a third one said: "c.t.s.s.-d.t.k. ordinario/arrunta. 02.10. 1,20 euro. gorde txartela/consérvese el ticket."

mental images arise, gate 43, the flight to biarritz. the bus driver in biarritz who (i don't speak french) first sold me two tickets. then he decided to like me (i must have looked fashionably excited by my arrival and the prospect of holidays in the basque country) and took one back, giving me half my money back. nice. and then "gorde txartela": my first day on the pilgrim trail, i cheated. i arrived in san sebastián/donostia after a rain storm. it was six a clock at night, i had started walking at eight or nine in the morning. i took a bus to the youth hostel... :)

did i ever say i like travelling? :)
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24 November, 2008

bar 67*

das erste mal, als sie die bar betrat, hatte sie weiche knie. gerade eben hatte ihr eine ihrer schauspielerinnen eröffnet, dass sie die premiere nicht mitspielen würde. die premiere war in 14 tagen. sie war schockiert, im physischen sinne, deswegen die weichen knie.

das zweite mal, dass sie die bar mit dem fast teuflischen namen betrat, hatte sie ebenfalls weiche knie. die premiere war über die bühne gegangen und alle hatten alles geschafft. sie auch. nur leider, in einem anfall von verwirrung und kälte in den fingern, war ihr ihr neues handy aus der hand gefallen, in den kanal in der nähe der bar. wie immer, wenn ihr irgendwas von wert abhanden kam, fühlte sie dieses alldurchdringende verlustgefühl, das ziehen in der magengegend. die seltsame weichheit in den beinen.

das dritte mal. auf dem weg zur bar passierte sie das krankenhaus, in dem sie geboren wurde, ein hässliches krankenhaus. sie dachte über menschen nach und gefühle, als ihr klar wurde, dass der rote mini auf der rechten straßenseite sie vielleicht nicht sehen würde. sie hatte vor ein paar wochen einen fahrradunfall gehabt und alles, was vorne an ihrem fahrrad dran war, ging seitdem nicht mehr. eigentlich wollte sie das fahrrad reparieren lassen, nur hatte sie zu wenig geld dafür. sie wich also aus. dachte, dass der mini sicherlich nur ausparken würde. wollte er aber nicht. sie dachte, ah, eine 3-punkt-wendung. aber auch das stimmte nicht. der mini wollte eine 180-gradwendung ohne schulterblick machen. die straße war nass. sie dachte logisch: "ich hab kein licht. ich kann jetzt in die klötze treten, nach hinten links ausscheren, schliddern und mit dem rechten wangenknochen auf den roten kotflügel knallen. mein lenker wird sich in die seite dieses autos bohren und vielleicht brech ich mir den arm. besser, ich weich einfach noch mehr aus und schreie."

sie schrie. hob das grazil beschuhte rechte bein in strumpfhose und overknees, stellte sehr vorsichtig ihren fuß auf die motorhaube des minis und stieß sich in einer imitation einer misslungenen rückenwende luftig nach hinten ab. und kam auf beiden, hochbehackten füßen zu stehen. sie schob ihr fahrrad zur seite und dachte: "auweia, und was, wenn das auto, ich hab doch echt kein geld und licht hatte ich vorn auch nicht...", als die fahrerin des minis ausstieg und sich sofort entschuldigte, überschwänglich: "hab dich echt nicht gesehen, hab aber auch gar nicht geguckt, bin einfach nur los, entschuldige, ist alles okay? sicher?" "aber, dein auto..." "scheiß auf das auto, geht's dir gut?" "ähm, ja." "und dem fahrrad?" sie nickte, alles gut. nochmal gut gegangen. nach mehrfacher versicherung, dass alles in ordnung sei, fuhr sie los. stieß ein paar leise schreie aus, beruhigte ihre zitternde seele und die knie und betrat zum letzten mal die bar.

*name von der redaktion geändert. ähnlichkeiten mit untenstehendem straßenschild sind völlig unbeabsichtigt:
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21 November, 2008

sie lebt! sie lebt!

ich lebe noch. das schonmal als anfang. aber danke der vielen besorgten anfragen nach "piep" und ähnlichen überlebenszeichen. und weil es so herrlich ist, zu leben und man gleich ungleich mehr dinge erlebt, als wie wenn man tot ist (was man ja nur vermuten kann, weil ja niemand weiß, wie es ist, wenn man tot ist und sowieso, schweif ab blabla), hier ein paar dinge, die ich heute erlebte: schnee. heute hat es geschneit! so richtig! mit flocken, die von oben nach unten fielen!

anderes thema: in schönstem rosa ergoss sich im gutbürgerlichen friedenau heute der optimismus. friedenau kann mal ein bisschen anarchistenrosa gebrauchen, es ist dort wirklich sehr brav. alle häuser stehen an der richtigen stelle, die bäume und statussymbole auch, alles glänzt und wenn man ehrlich ist: so'n kleinen schubs könnte friedenau schonmal vertragen.
und wo wir gerade bei grauen tagen und optimismus sind, hier noch ein zeitzeugnis eines etwas gewagteren stadtteils dieses molochs: kreuzberg. auch in kreuzberg gibt es optimisten. denen gehören häuser, die sie optimistisch anstreichen. die auch im dunkeln leuchten, ganz sicher. aber wer hätte sowas nicht gern - im dunkeln leuchtender optimismus? ist bestimmt besser als im dunkeln leuchtende werbung für telefonanbieter (ich versteh das mit der 02-arena immer noch nicht ganz - wieso genau darf die da leuchten? das ist doch blasphemie!).
und zuguterletzt, ein paar gedanken über fil. über fil schreiben ja viele, wenn sie nicht schon zu alt dazu sind. die meisten - so wie ich die letzten zwei male - versuchen, in ihren kritiken oder artikeln fils humor zu imitieren, um fil angemessen darzustellen. hmm. auf einem spaziergang heute dachte ich, dass die kopie des originals selten adäquat darzustellen vermag, wie gut das original in echt ist. filme zitieren ist selten so lustig wie der film an sich. besonders schwierig wird's, wenn man den film nicht kennt. wenn man fil nicht kennt, weiß man nicht, dass er fürchterlich zärtlich-subtil-platt-witzig-laut-leise-komisch-ergreifend-sexy ist. oh, sexy am ende. dinge, die am ende stehen, merkt man sich am meisten. also, erneut: wenn man fil nicht kennt, weiß man nicht, dass er fürchterlich zärtlich-subtil-platt-witzig-laut-leise-komisch-ergreifend-sexy-musikalisch ist. besser. fil, für alle, die es noch nicht wussten, ist fil. ein mittelalter herr mit leckerem, nee, nochmal. ein herr um die vierzig, der seinen lebensunterhalt mit dem zeichnen von comics und dem unterhalten von zuschauern im mehringhoftheater verdient. er ist klein- und -künstler. seine neue bühnenshow trägt den titel "der feuchte gebieter" und macht spass. viel. leider durfte sharkey, sein kleiner handpuppenhai, diesmal nicht mitspielen. fil ist großmeister der observation und herrlicher spiegel menschlicher macken. schon deswegen rate ich, das mehringhoftheater heute abend zu stürmen, die "ausverkauft" schilder mit animalischem gebrüll abzureißen und euch zu stapeln. vielleicht kommt's zu ner orgie... mann mann mann! wer fil lieber in ruhe sieht, geht dann im januar: 13. bis 24.01., dienstags bis samstags in erwähntem theater, immer 20 uhr. kneifen filt nicht. hö.
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20 November, 2008

dein tod naht...

... las ich soeben in meinem emaileingang. selbiges verkündete mir eine mir unbekannte dame namens daniela. ehrlich? ich erschrak. wie oft liest man solche dinge? in der hoffnung, dass daniela, wer auch immer sie ist, unrecht habe, klickte ich auf "löschen" und fragte mich, wie daniela und der tod zugang zu meinem normalen postfach gefunden hatten. dann dachte ich, was, wenn sie recht hat? schnell noch einmal blog schreiben!

und das geht heute gut, denn ich habe eine ärztliche zwangspause verordnet bekommen, mandelentzündung. deswegen trinke ich tee und sitze zu hause rum. lese sachen, von denen ich müde werde, wie zum beispiel meine neuesten literarischen anschaffungen: fritz the cat als comic (wie kann man davon müde werden? ich weiß es auch nicht), die weltreligionen als buch (hinduismus/brahmanismus, gähn, ein gott für jede windrichtung, präferierterweise mit vielen gliedmaßen oder elephantenköpfen und plautze). bin gespannt auf den chinesischen universalismus. und aufs christentum. religionen sind schon was komisches. minderheiten stellen gesellschaftliche regeln auf, denen aus verschiedenen gründen sehr viele menschen beginnen, glauben zu schenken und auf einmal ist's ne religion und die minderheiten ganze völker.

dann lese ich auch noch literatur, von der man nicht müde wird. dazu gehört auf jeden fall ein schwarzweißes, schmales buch einer sehr talentierten autorin namens johanna melzow. das kleine, feine berliner verlagshaus johannes c. frank hat es herausgebracht. es heißt "vogelmädchen" und ist ein vorbuch zum lyrikdebüt der autorin im frühjahr 2009. weil eine gruppe autoren des verlags derzeit auf lesereise gehen, gab es das vorbuch. hier ein kleiner auszug, damit dieser widerliche tag in goldener erinnerung schwelgen darf:

septembergedicht

eine biene fliegt im steilflug steil
einen sonnenstrahl herab
an dir vorbei ich lache sommer-
sprossen dein rücken riecht
nach meer sammle uns
in diesen himmelvollen tagen
an denen gefühlsschwer wir ab-
tauchen zum grund
...

zu bestellen über den verlag. link rechts unter "belletristik".

und nun, schnell, bevor ich sterbe, noch ne tasse tee und selber literatur verfassen, bevor heute abend fil und sein kleiner hai meine lachmuskeln zum niederknien bringen werden.
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14 November, 2008

bäh, ich möchte lieber überhaupt nicht.

wahrheiten: ich bemerke ständig die kleinen dinge. die großen natürlich auch, aber die kleinen entzücken mich häufiger mehr.

kleine dinge 1: auf dem kirchhof der apostelkirche in schöneberg steht eine eiche, auch unter naturschutz. weil der baum so alt und morsch ist, wird er von zwei riesigen stahlträgern gestützt. noch nie habe ich die praktische umsetzung von dalís krücken in natura gesehen. ich erinnerte mich an meine spanischprüfung und den umstand, dass ich dalís paranoisch-kritische methode nie verstanden hatte. ich glaube, man KANN sie nicht verstehen, der typ hatte ja'n schuss. nichtsdestotrotz: eigentlich ein großer künstler, nur irgendwie über die falschen bilder definiert und vermarktet...

kleine dinge 2: mir kam auf dem weg ein ca. 40-jähriger mann auf seinem fahrrad entgegen. er hatte zurückgekämmte haare. nicht gegelt, sondern vermutlich mit haarspray fixiert und das mit einem kamm und äußerster sorgfalt. er fuhr an mir vorbei, ich roch sein starkes, altmodisch riechendes aftershave. er trug eine beige jacke und helle jeans. ich fühlte mich schlagartig an sky dumont erinnert, nur in arm. und dachte schlagartig darüber nach, welche entscheidungen die menschen tagtäglich treffen, sich irgendwie anzuziehen, sich sorgfältig die haare zu striegeln und sich alkoholische lösungen ins gesicht zu klatschen. seltsam: wir menschen.

großes ding/kleines ding 3: um meine seele mal wieder zum summen zu bringen, lief ich heute zur arbeit. das dauert eine stunde und ist eine sehr gute sache. im tiergarten war meine musik alle und ich entschied, das hirn könne nun auch ohne beschallung sein. schlechte entscheidung, ich hörte nämlich dadurch etwas, was ich lieber nicht gehört hätte: ein knacken im gebüsch. fatalerweise guckte ich in selbiges. dort stand ein mann, mit hose runter und einem schmerbauch. kann mir mal jemand sagen, warum alle exhibitionisten, die ich sehe, dicke wampen haben? ich machte sowas wie "äääh." und guckte schnell nach vorn. der typ sagte (oh, hätte ich die musik doch nie ausgemacht!): "wenn du ficken willst, können wir das machen." ich guckte bloß nicht hin und sagte: "bäh, ich möchte lieber überhaupt nicht." und lief, lief, lief, im sauseschritt, weg vom ekel. der typ brüllte mir unrythmisch dinge hinterher, die alle hauptsächlich nach "a" klangen. vielleicht war's "bleib da!" oder "fuck!". ich weiß es nicht, ich will's auch gar nicht wissen. wenn das schicksal allerdings NOCH einmal einen hoserunterlasser meines weges schicken will, dann will ich einen mit besserem bauch. und von mir aus braucht er mich auch nicht nach gv im gebüsch fragen. da sag ich eh kategorisch "nee". eklig: wir menschen.


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16 Oktober, 2008

jakobsweg, die 27.e

romantik in reinstform.
wohl der allerschönste teil des weges und dabei noch nichtmal mit gelben pfeilen markiert. danke an katharina und ihren camino-führer, ohne den man diese schönheit verpasst hätte...

fika: rechts lang. und ein hoch auf den beherzten sprayer, der das offizielle schild noch offizieller mit nem respektlosen pfeil bemalte.

katharina. die ihre isomatte wie eine schnuffeldecke unter dem arm trug.

ich mache pause am strand.
fünf minuten später: es pisst.

strandspaziergang mit selene in deba. dort habe ich schöne muscheln gefunden. mir gefiel das licht sehr. und das barfußlaufen. und der typ im strandstuhl.morgens, beim aufbruch aus dem kloster in zenarruza. wir kamen am vorabend nach gefühlten 40 km bergtour, dehydriert, genervt und mit der information, das kloster würde keine mädchen aufnehmen, an. uns begrüßte venceslao, ein heiler aus barcelona, mit der information, dass es abendbrot gäbe und ein bett. auch für mädchen. eine der wunderbarsten, erlösendsten situationen der reise. habe im innenhof des klosters meditiert und eine katze sprechen hören. also, so wie katzen so reden. in dieser nacht war ich zum ersten mal heilfroh, oropax mitgehabt zu haben: von den pilgern in der herberge schnarchte einer, dass sich die balken bogen...
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text-bild-kongruenz: der jakobsweg


sechster tag. ankunft in bilbao. bilbao, die weltstadt mit dem schönen museum. es gab: keine pilgerherberge, regen, regen und dann noch die tapfere selene, die uns dann die jugendherberge auftat, von der aus die welt aussah wie in einem buch über die vergehen der industriellen zeitalter.

so. auf der rechten seite: la flecha amarilla, der gelbe pfeil. diesem folgt man 800 kilometer quer durchs land, bis man in santiago de compostela ankommt. will sagen: DAS hier ist der OFFIZIELLE jakobsweg. selene (der riese mit dem cape) und ich laufen aus bilbao raus und sind zutiefst deprimiert. siebter tag.

blümchen. für alle, die es brauchen. besonders für: kathleen. neunter tag.

zweiter tag. außer dem camino de santiago, der mit dem gelben pfeil gekennzeichnet ist, gibt es noch viele andere wanderwege an der küste entlang. einer davon ist der jerre (?), der mit einem roten und einem weißen streifen markiert ist. eine markierung oder ein pfeil heisst immer: da lang. ein kreuz: das gegenteil.

vierter tag in deba. in deba gab es eine minikleine herberge mit einem doppelbett, das sogar ein trippelbett (höhö) war, ich hab quasi unter der decke geschlafen. mit uns in der herberge waren noch: ein spanier von den kanarischen inseln (sein spanisch hörte sich an wie als hätte er keine zähne:), zwei britische fahrradfahrer älteren alters, von denen einer, als ich ihn fragte, ob man auf dem fahrrad auch schmerzen hätte, sagte: "yes. predominantly around the private parts." - herrlich - der superbelgier, der an einem tag 47 kilometer gewandert war (oder einfach ein großartiger lügner war, wer weiss?), selene und ich. außerdem - und das wusste keiner, denn keiner kannte sie bis dato, schlief eine deutsche namens katharina im park vor der tür von der herberge. das stellten wir drei tage später fest, als wir uns kennenlernten. in einer herberge, wo man durchs fenster klettern musste, denn die tür war zu. fanTAStischer urlaub, habe ich das schon erwähnt? :)
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jetzt ist später: gesichtsbekanntes aus hamburg

um meine erstaunlich breitgefächerte leserschaft (auf ihren soloabenteuern) zufriedenzustellen: heute ein kleiner abstecher in die tiefen der deutschen adjektiv-komposita. letztens saß ich im zug nach hamburg. hamburg, wie jeder weiß, ist 200 jahre vor jesu geburt als lehmhüttensiedlung über ein schwarzes loch von immenser größe (nämlich der von hamburg) gebaut worden. sehr frühes architektonisches planen war notwendig, um einen schandfleck in der geschichte der menschheit zu vertuschen. warum war da ein schwarzes loch?

a) weil dort, wo hinterher hamburg stand, vorher die hölle war. selbstverständlich mit allem drum und dran: fegefeuer, prostitution, fischmarkt.
b) weil michael j. fox 1982 TATSÄCHLICH eine reise zurück in die zukunft machte (?) und mit diesem seltsamen flügeltürigen gefährt aus den blauen sphären auftauchte. bremse ging nicht. michael und auto schlugen ein: schwarzes loch.
c) all of the above.

aber zurück zum roten faden. ich saß also im zug nach hamburg und neben mir saßen zwei herren, die im hanseatischen sinne kultiviert waren. die konnten sogar sagen "ach, tötensen. da kommen wir ja heute nicht vorbei. aber da wohnt ja auch dieser dieter bohlen." ohne, dass es sich vulgär angehört hätte. die stimmen der herren waren außerordentlich angenehm, weiche bässe mit nordischem einschlag. sie unterhielten sich auch sehr angenehm und zwar über die mutter eines bekannten, die mit 70 noch einen neuen freund gefunden hatte. auf kur. am strand hat es wohl gefunkt. das alles ist mitnichten interessant, wenn es nicht dann zum höhepunkt der konversation gekommen wäre und ein wort fiel, das mir seit tagen im kopfe herumhängt. einer der zwei herren sagte, dass es ja gut sei, dass sich die alte dame und ihr kavalier schon vorher gekannt hätten: "man gut, dass die beiden sich schon vorher kannten, sonst, in dem alter..." und der andere sagte: "ja, die waren ja schon gesichtsbekannt." gesichtsbekannt. sofort bauten sich vor meinem inneren auge all die gesichter auf, die ich kenne. wie in einer diashow zogen sie lächelnd an mir vorbei und ich dachte: gesichtsbekannt. super konzept. dann aber die fragen: wenn man (sich) gesichtsbekannt ist, ist man sich dann nicht körperbekannt? und sowieso: im falle eines samurai-schwert-hiebes auf die nase - ist man sich danach nicht mehr gesichtsbekannt?

abschließend bleibt im übrigen gar nichts mehr zu sagen. ich poste mal ein paar bilder, damit der just beendete urlaub in glanz und gloria untergehen darf. siehe oben.
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13 Oktober, 2008

07 Oktober, 2008

por los clavos de dios

sechster tag auf dem jakobsweg. der jakobsweg, wie jeder weiss, ist nicht nur einer. den, den man meist meint, wenn man "jakobsweg" sagt, ist der inlaendische "camino francés", ein gemaessigter weg, auf dem es sich gut spazieren laesst. es gibt dann noch eine million andere wege UND den, den ich laufe. dieser nennt sich "camino de la costa" oder "camino del norte" und - wie der name es so schoen sagt - ist an der kueste, beziehungsweise im norden spaniens situiert. so. dieser, den ich laufe, dieser schoene kuestenweg, ist anstrengend. als ich mich eher mangelhaft darauf vorbereitete, dass mein leben fuer 10 tage anstrengend wuerde, dachte ich sowas wie "jaja, diese alten maenner, die buecher ueber den jakobsweg schreiben. die haben doch gar keine ahnung. anstrengend ist, ein kind zu gebaeren oder einen marathon zu laufen. ICH - so wohltrainiert wie ich bin (und so jung und so schoen) - werde UEBERHAUPT keine probleme haben.

ladies and gentlemen: ich habe probleme. ich habe ERNSTZUNEHMENDE probleme. da auf diesem jakobsweg nicht viele herbergen den wegesrand saeumen, laeuft man nicht, wie man will, sondern so, dass man eine pro nacht erreicht. heute bin ich in bilbao, der haesslichsten stadt der welt. und ich hatte RIESENprobleme, eine herberge zu finden, die ist naemlich am arsch. und ich auch. apropos arsch: "tomar algo por el culo", also "etwas durch den arsch nehmen oder durch den arsch aufnehmen" heisst in diesem huebschen laendchen nichts boeses, es bezeichnet nur etwas, das weit weg ist. nunja. so. nun kurz zurueck zum dilemma und dann auf zu schoeneren ufern: ich laufe circa 30 kilometer pro tag. das ist doch nicht VIEL! hoere ich die marathonfraktion unter meinen lesern denken. aber: 30 kilometer mit mehreren hundert metern hoehenunterschied: ist VIEL. ich schlafe jede nacht 10 stunden. weil ich taeglich tausende kalorien verbrenne, esse ich nur frittiertes zeug y me da igual. und: nee, goergens, dein zeug hab ich selbstverstaendlich NICHT in den trockner geschmissen. aber: es IST gar nicht regendicht. hose ja, jacke nullo. deswegen hab ich mir ein schmuckes regencape beim chinesenmarkt gekauft, fuer 90 cent. und das rettet mir das leben.

so. kurzzusammenfassung: mir geht es fantastisch. ausser in staedten wie bilbao. die sind deprimierend, laut und dreckig. ich hab heute mindestens drei engel getroffen, einer hat mich in sein haus eingeladen und mir kaffe und kuchen geschenkt und von seinen enkelinnen erzaehlt. ich habe muskeln wie he-man. ich bin schon seit tagen in der obhut der wunderbaren selene, einer grossartigen barcelonesin, die sich um mich sorgt.

bald mehr, kuesse an alle.
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02 Oktober, 2008

so WUNDERschoen!


erster tag auf dem jakobsweg. gestartet im nieselregen nahm dieser monstroese ausmasse an: ich hatte - ungelogen - vier stunden im dauerregen und mindestens zwei in allen anderen abstufungen: von regensturm bis spruehregen, alles dabei. noch NIE war ich so froh, eine mittelalterliche stadtmauer zu sehen wie die von san sebastián, dem namenspatron der beiden herren, die mir die ueberlebenswichtigen zutaten des heutigen tages spendierten: die regenjacke und -hose von bastian g. und der rucksack mit regenhuelle von sebastian d.


ich bin heute ueber einen berg gelaufen, der irgendwas mit "tz" hiess: itzelibiki oder so. ich bin mit einem kleinen boot ueber eine wunderschoene meermuendung gefahren. ich hab UEBERHAUPT keine ahnung, wo ich langlaufe und vertraue staendig den ratschlaegen der menschen, mit denen ich spreche und es funktioniert grandios. die gucken mich zwar seltsam an: ich seh naemlich aus wien astronaut (die regenkleidung ist schliesslich fuer das lange elend goergens gekauft :), hoere mich so an, als ob ich spanierin waere, KANN aber gar nicht so gut spanisch. super ding das. aber zurueck zur zukunft (oha, kalauerday): das bild ist der leuchtturm de la plata. den zu sehen war ebenfalls wunderschoen. UND: der regensturm fing da an. echte bilder, wenn ich wieder da bin, jetzt schmeiss ich mal die waesche in the dryer. bis bald, die reisende
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03 August, 2008

unter wasser



vor vielen jahren war ich mal an einem schönen see. mein freund alex hatte mich mitgenommen, in seinem kleinen auto. alex ist koch und hatte ganz erstaunliche sachen zu essen mitgebracht. bis dato hatte ich von ciabatta wenig und von scharfer italienischer salami noch weniger gehört. es gab beides und dazu einen köstlichen wein. der see, an dem ich damals war und der sich in der abenddämmerung wohlig ausstreckte, ist der liepnitzsee.

gestern war ich wieder am liepnitzsee, diesmal tagsüber, mit christian anstatt von alex und keinen italienischen leckereien. dafür mit joggen, baden und fähre fahren. vergleiche mit tauchen in mediterranen gewässern drängten sich mir förmlich auf, als ich unter wasser die augen aufmachte, wie ich das immer tue, wenn ich unter wasser bin. das wasser war türkis und kristallklar. hammer. und das schönste: der liepnitzsee ist nicht mal weiter weg als der schlachtensee. für alle, die wollen: regionalexpresse fahren von südkreuz und hbf nach bernau. dann noch 12 km fahrrad fahren und rein in das vergnügen. wer mit mir dort ein wochenende verbringen will, kann sich gern melden. :)

bernau. da war ich bis gestern noch nie. besonders eindrücklich: die schöne altstadt und ein spruch, der an der pfarrei (?) mit kreide neben dem eingang geschrieben stand: "das wort zum sonntag: auch anarchisten kämmen sich nachts die haare." ich musste lachen, als ich dran vorbeifuhr. lachen musste ich übrigens auch, als ich auf anraten des lastenfahrradbesitzers jo "dr. horrible's sing-along blog" gesehen habe. herrlich skurril war das! der pilot zur serie ist for free online anzusehen - wer also bock auf die "evil league of evil" und zahlreiche musical-einlagen hat - ansehen!
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02 Juni, 2008

von hinterhofmusik

wenn ich morgens aufwache und der walnussbaum sommergrün vor meinem fenster hin- und herwogt, fühle ich mich wie unter wasser. in meiner horizontalen, mit den schläfrigen gedanken wiege ich mental mit und fühle, wie ich mich freue, dass die balkontür aufstehen kann. denn es ist warm. heiß. die luft riecht gut.

ich wohne im hinterhaus mit balkon nach innen. in meinem innenhof hört man alles sehr laut. alles. jeden huster, jedes gespräch. der innenhof agiert wie in "berlin - symphonie einer großstadt" in einer collage aus klang.

letztes jahr gab es eine dame, die immer sehr mitfühlend in den innenhof orgasmiert hat. sonntags. jetzt ist sie weggezogen. oder hat einfach keinen sex mehr am sonntag. in meinem innenhof stehen mülltonnen, die fast täglich von müllmännern über türschwellen gezerrt werden. wenn man sich daran gewöhnt hat, überschläft man den lärm. seit einigen wochen renovieren neue mieter die bar, die unten im haus ist. die dame, die die bar am freitag aufmachen wird, fragt schon jetzt vorsorglich nach, ob man lärmempfindlich ist. morgens schreit ihr mann sie an. er trinkt zu viel. er schlägt sie nicht. noch habe ich die polizei nicht geholt. sie werden jazz spielen, sagte sie mir. ich mag jazz. ich mag alle musik, außer die, die sich immer wiederholt.

und deswegen, genau deswegen bin ich glücklich, diesen eintrag einer neuen musik zu widmen: in meinem innenhof lebt jetzt auch ein streichquartett. sie proben gerade. etwas trauriges. vielleicht schubert. vielleicht "der tod und das mädchen". sie sind sehr gut, nur manchmal sackt die bratsche ein bisschen ab. der klang ist so schön, dass in mir etwas lächelt. strahlt, schon fast. welcome to the innenhof, i say.
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nobody says it better


das geheimnis der liebe. falls ihr euch je gefragt habt. :)
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29 Mai, 2008

rüttelflug


langsam erhob er sich, der nackte vogel. mit wachsendem stolz bemerkte er das wachstum einzelner federn an seinem hals. die flügelenden waren auch schon befedert, in strahlendem gold und rot. er schlug mit den schwachen, abgemagerten flügeln und merkte, wie ihn die luft, die durch sein spärliches gefieder strich, an einen flug vor uralter zeit erinnerte. seine runden, glänzenden augen lächelten. ein flug. er setzte sich wieder in sein nest zurück, zufrieden und bemerkte den durchbruch einer neuen feder, diese leuchtend orange, an seinem fuß.
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25 Mai, 2008

atopie und andere leidenschaften


die kleine bildung zum sonntag:

Der medizinische Begriff Atopie (griechisch ατοπία, atopía - „Ortlosigkeit“, „nicht zuzuordnen“) beschreibt eine Neigung dazu, mit Überempfindlichkeitsreaktionen, nämlich mit allergischen Reaktionen vom Soforttyp (Typ I Allergie), auf den Kontakt mit ansonsten harmlosen Substanzen aus der Umwelt zu reagieren.

Die Atopie (griechisch ατοπία atopía „Ortlosigkeit“, „nicht zuzuordnen“, „von hoher Originalität“) bezeichnet die „Unbeschreiblichkeit“ des überaus selten zu Erlebenden, des Herausgehobenen, des Originals im besten Sinne.
Es handelt sich um eine − an sich oder anderen − beobachtbare (Erlebnis-)Qualität, nicht um ein Ideal.
Genau besehen ist die Atopie ein Alltagsphänomen aller „Normalsterblichen“. Eltern können die Beziehung zu ihren Kindern zwar beschreiben, schönreden oder verfluchen, indes die Tiefe ihrer Gefühle zu den eigenen Sprösslingen als atopisch, also unbeschreiblich erkennen.
Die Naturreligion spricht daher von „Tao“, dem „Ursprünglichen“ und „Ungeschiedenen“, ähnlich die Mystik, die ontologische Philosophie und Theologie spricht von „Seinsfülle“. Die eher sinnliche, weltzugewandte Dichtung nennt es „das Füllhorn“ oder prosaischer „die Inspiration“. Die psychologische Wissenschaft erforscht es unter dem Leitbegriff Kreativität oder spezieller als „das Fließen“ (Flow-Erlebnis).
mir wurde am freitag medizinisch bestätig, dass ich atopikerin bin - neurodermitis ist ein symptom dafür. wenn ich ehrlich bin, freut es mich, unter überempfindlichkeit zu leiden. besser als an ignoranz. auch meine physische und spirituelle verortung im nirgendwo entzückt mich - hat gleichzeitig was von literaturtheorie und innerstem selbst. wenn ich jetze noch jemanden finde, der diesen sonntag mit eis und mir teilen will, ist alles gut.
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24 Mai, 2008

SPIELTRIEB oder rinasce piu gloriosa


es war einmal eine junge dame mit zuviel flausen im hirn.

diese arbeitete vollzeit bei einem nicht weiter genannten fernsehsender. in diesen alten tagen hieß 'vollzeit' allerdings 'nicht voll ausgelastet'. und so schrieb die dame ein konzept zu einem theaterstück, was sie nebenbei mit einer jugendtheatergruppe erarbeiten wollte. soweit, so gut. das konzept wurde angenommen, die junge dame freute sich. dann beschloss ihre firma, sie wirklich vollzeit arbeiten zu lassen und beschenkte sie mit einer verdoppelung der sendezeit ihres fernsehformats. auf einmal musste die junge dame doppelt so viel arbeiten wie vorher. nichtsdestotrotz war sie guter dinge: all diese chancen!

irgendwann, es muss im april gewesen sein, fühlte sich unsere junge mamsell ein wenig krank. vielleicht arbeitete sie doch zuviel? acht bis neun stunden am tag fernsehen, zweimal proben im theater á drei bis vier stunden in der woche. dann kamen die wochenendsproben dazu. die textarbeit, probenvorbereitung, dramaturgischen besprechungen und weitere organisation schienen ihr nach und nach alle freie zeit zu nehmen. das junge ding wurde krank. sie fing an, herpes zu haben. sie bekam einen keuchhusten, der sich sechs wochen hielt. zum ersten mal seit fünf jahren bekam sie hautausschlag. doch immer noch versuchte sie, weiterzumachen: man bedenke doch all diese chancen!

seltsamerweise schien sich ihr immuneinbruch auf ihre theatergruppe zu übertragen. unstimmigkeiten und machtkämpfe waren an der tagesordnung. durch einen dispositionsfehler wurde eine ihrer schauspielerinnen abgeworben, um auf der großen bühne des lebens zu spielen. eine anderes gruppenmitglied war durch die einnahme von harten medikamenten geschwächt, die gegen seinen hautausschlag helfen sollten. wieder eine andere mitspielerin kippte aus überarbeitung zu hause einfach um: gehirnerschütterung. als dann eine dritte schauspielerin sich ein band am fuß anriss und eine vierte von einem auto angefahren wurde, war der fluch komplett. eine gespaltene gruppe von invaliden, geführt von einer regisseurin, die sich die lunge aus dem leib keuchte. und immer noch und immer doch wieder die einsicht: EIGENTLICH war alles gut. eigentlich war die chance immer noch eine großartige.

und so wurde aus damals heute und aus einer idee eine greifbare, wunderbare, absolut geschüttelte berliner theaterproduktion. ein phoenix der sonderklasse. wenn dieser aus der asche steigt - und das wird er bald, weil: wieviel schlimmer kann es jetzt noch werden? - dann in größtem triumph.

mit dem göttlichen klang einer unwirklichen sphärenmusik, kreiert von zwei begnadeten freidenkern und musikern. begleitet im flug von einer tanzchoreographin, die den swing in funkelnden augen trägt. gestreichelt und besungen von einer dramaturgin, deren ausgleichende seele der jungen regisseurin schon häufig den tag gerettet hat. in der organisation des flugplans betreut von einem effizienzgenie, das auch mädchendinner veranstaltet. auf den weg geschickt von sechs schauspielern, die in ihren guten momenten atemberaubend sind. mit feuergirlanden aus worten geschmückt von einem menschen, der da war, als die junge dame nicht mehr weiter wusste. und auf dem feuervogel, dem mythischen wesen, da sitzt dann unsere junge dame, zusammen mit ihrer assistentin. und fliegt.
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14 März, 2008

small thing two: schauspieler


ist eigentlich gar nicht so klein, das ding. heute hatte ich mein erstes infotreffen zu "spieltrieb" auf der probebühne der volksbühne. gottseidank ist der hintereingang von der volksbühne wunderbar hässlich. auch die linienstraße sieht auf dem abschnitt, wo der hintereingang ist, wunderbar hässlich aus. deswegen muss man keinen respekt vor nichts haben, wenn man da reingeht. generell wirkt das graue riesentheater wie ein ort, an dem man theater MACHT und sich nicht von eitelkeiten abhalten lässt.

also mach ich jetzt wieder theater. heute waren viele junge schauspieler beim treffen. viele davon waren am projekt interessiert. an vielen von ihnen bin ich interessiert. am text sind wir alle interessiert und theater finden wir auch alle großartig. was kann da noch schiefgehen? ich sprach heute von sport, einsamkeit, erpressung, zeitlosigkeit und der gleichen gültigkeit von werten oder emotionene. der gleichgültigkeit der dinge.

nach dem treffen, in der holzvertäfelten kantine im erdgeschoss saß dann die legende f.c. am nebentisch. er wurde gefilmt. seine schauspieler sahen aus, wie man sich schauspieler vorstellt: extravagant, schön, verbraucht, kinskiesk. er hielt hofstaat, der meister der verstorbenen avantgarde und eine große tischrunde war ihm untertan. ich saß am nebentisch und amüsierte mich über die geistesschnelle meiner truppe. die alle jung, schön und glücklich aussahen. schnell und heimlich dachte ich über den unwert von popularität nach, trank aus und ging.
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11 März, 2008

small thing one: sänger

nur schnell, vor dem schlafengehen: ich bin ein sänger. und das auch noch gerne. ich singe in meiner wohnung zu lauter musik mit. ich singe auf dem fahrrad, beim joggen und im büro, wenn keiner da ist. außer mir singen noch ganz viele andere menschen auf der welt. ein besonders gutes beispiel ist der asiatische straßenbahnfahrer aus melbourne, der elvis über die durchsage gesungen hat, immer auf der fahrt von der flinders street station nach st. kilda. eben im ice von hamburg nach berlin sang auch jemand mit, klassik, bass. schön war das, leise und gewagt.
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09 März, 2008

die kleinen, großen dinge im leben

gestern dachte ich, mein feines voip-telefon hätte seinen geist aufgegeben. tote leitung. ich ging zu meinem technikbegabten nachbarn nach unten und sagte bescheid, woraufhin der alle anschlüsse prüfte und mir sagte, alles wäre - von hausnetzwerkseite aus - okay. ich ging wieder nach oben, prüfte selber alle kabelage auf unregelmäßigkeiten und siehe da: der verbindungsstecker war rausgerutscht. zack, rein, zack, telefon.

heute machte ich die kühlschranktür auf und das licht im kühlschrank ging nicht an. schon wieder dachte ich "mist, verdammter" und checkte alle sicherungen. mein sicherungssystem ist von 1912 UND unbeschrieben. ich drehte und guckte: nix zu finden. resolut erneut der gang in die küche und siehe da (und wie dämlich kann man sein?): der stecker des elaboraten küchensteckdosensystems war aus der steckdose gerutscht. zack, rein, zack, kühlschrank.

und um diesem mäßig langweiligen post zuguterletzt einen hauch von anspruch zu geben, jetzt die parabel: ich messe diesen zwei fehlerhaften steckverbindungen bedeutung bei. zweimal nacheinander klopfte also das leben bei mir an, um mir verbindlich zu sagen: MÄDCHEN, ERLEUCHTUNG FINDET MAN AUCH IM KLEINEN. ich werd's mir merken.
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11 Februar, 2008

runde neun, ihr nulpen

einer meiner vorsätze für 2008 war, die dinge einfach anzugehen, anstatt darüber zu meckern. ich muss zugeben, nicht immer folge ich meinem masterplan. dann wiederum: häufig schon. und so kommt es, dass ich dem elend ein ende mache und wieder einmal die initiative ergreife, zur sache komme, reinen tisch mache:

in runde neun, ihr schrottpoeten,
wird um den scharfsinn hier gebeten.
ein sinn so scharf wie ein schafott
gebührend jedem dichtkunstgott,
der grinsend seine zeilen schwingt
und messerscharf die feder singt:
ros, pass auf, gleich hab ich dich,
dann fress ich dich, dann hack ich dich,
dann fürchterlich und elendig
zerstück ich dich, mein roserich!
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06 Februar, 2008

posenrose und butterblum

erhaben stand die posenrose
mitten im weddinger straßengrau.
taille wespig, haare lose
dit posenröschen war schon schau.

"posenrose" hieß dit blümchen
ob und wejen der statur.
nich in kreuzberg, nich in mitte
fand sich ne vergleichsfigur.
"90-60-90 rose,
stell dich ma in positur"!
sagte ihr ihr lover quitte,
n punk mit einserabitur.

posenrose mochte quitte,
gehorchen aber wolltse nich.
drum war es glatt zu ihrem glücke,
dass blum sich in ihr leben schlich.

blum, ein wolf mit vornahm "butter",
...

(ab hier ist dieses meisterwerk freigegeben zur vervollständigung. bitte postet fleißig. wer das gedicht am schönsten zu ende bringt, gewinnt runde 7 des rosencontests.)
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30 Januar, 2008

auf der suche nach der stehengebliebenen zeit


petra und ich waren heute morgen unterwegs, auf dem gleisdreieck. ein stück land, ÜBER das schon erik schmitt einen wunderbaren streifen selbigen namens drehte, und AUF dem sowohl jim rakete tom tykwer als auch michael laux farin urlaub auf verschiedene zelluloids bannten. petra und ich waren auf der suche nach einem zeitstau, der sich auf dem gleisdreieck und in einigen das gelände umgebenden straßen entdecken lässt. die blaue stunde - ein mythos, so rätselhaft wie der stau der zeit - schien uns angemessen, unseren wissensdurst in tiefstes aquamarin zu baden. leider wollte die blaue stunde heute grau sein und die zeitknoten schliefen auch noch tief und fest. petra und ich entschlossen uns, beide erneut (beim anbruch einer baldigen dämmerung) zu suchen.


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28 Januar, 2008

part 5 - diesmal mit tiefsinn

wenn der stil keine blüten treibt,
und die liebe nicht ewig bleibt,
wenn die bildzeitung lyrik schreibt,
und der winter die sonn' vertreibt,
wenn auf skype niemand mit dir skypet,
und dein arzt dir morphin verschreibt,

dann wach auf, kind! werd munter,
die welt geht nicht unter!

sieh, wie die henne geköpft übers pflaster rennt,
und der taube den brummbass als ton erkennt,
das fließen der zeit dich liebkost, behend,
und die sehnsucht nach weichheit dich nicht verbrennt.
denn so wie der mensch sich zu sich bekennt,
wird die ros' rot erblühen, lieblich am end'.
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27 Januar, 2008

gertrude stein once said...

...that roses are roses, just that.
no more, no less
no doubt, no guess-
telling the truth, she chose
to say that a rose is a rose.

(part 4 of 12)
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25 Januar, 2008

nightingale vs animaldelmar - part 1 of 12

a girl named inga challenged me,
to a contest of merciless bloggery.

roses, beheaded, shall be the themes
of twelve bright and glittery poetry schemes.

now, what can i say? and what can i write
about roses that tend to look quite shite

with their heads not in place
and their stems without face?

cool down thy blood, forget that feud,
cut not that rose, be well astute.

'cause hearken, nightingale, my dove:
not hate will rule the world but love.

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02 Januar, 2008

dreams are my reality

your first task: think of all the songs that you know that have the word "dream" in them. rest assured: you will gather in your mind the most exciting array of tasteless music!

your second task: follow me again. i dreamt something wonderful tonight. imagine an old wooden barn, on a field in america. it's old and big and has this sloping roof and it stands there, in silent solitude. now - trick of your imagination - try to mentally expand its size in your head. think of the size of an airplane hangar. yes? good. now, re-situate the expanded barn in a town like... like, maybe... something medieval... edinburgh? yes. try edinburgh. okay.

now you have a huge barn, surrounded by grey steep houses, maybe a cottage here and there (?) and there you are. the tapestry of my dream. green hills, rain, some trees somewhere. almost dark outside. i/you walk along the street, we see the barn and we feel intimidated by its size. there is something wrong with this huge barn, here on this street in edinburgh. we knock on the door. a beautiful lady answers, she has curly hair and has obviously been cooking something as she's wiping her hands on her old-fashioned apron. i enter, you are right behind me. what we want is unclear but we do NOT feel well inside the barn. it turns out, too, that the barn really isn't a barn once you enter it. part of the inside is a house and the other part, which opens into the wide open space under the barn's roof is... a ship. yes. polished wood everywhere, copper railings, wooden floors. and above the ship, hanging from the barn's ceiling, there are a large number of life boats, in all sizes, colours and shapes.

i wish to think that this image relates to geoffrey chaucer's "the miller's tale" in which an old and ugly carpenter is tricked by his wife and her young lover. the two of them want to spend the night together and "convince the carpenter that a flood of Biblical proportions is imminent. Their safety depends, on waiting overnight in separate tubs suspended from the (house's) rafters, and to cut their tubs from the roof when the water has risen. This comic prank allows Nicholas and Alison the opportunity to sneak down, after the landlord falls asleep, and make love." (Wikipedia).


back to the dream: when entering the ship's deck i notice that the lady of the house has disappeared, you, my company are also gone. instead, a number of kids are now showing me around the house. all of them seem perfect. their eyes are brilliant, every curl on their head round as a shining sun. there is something steely about them, something inhuman. their dad is standing on a landing further down in this strange architectural ship-terrace and he, too, seems to be made from material of a different kind. i notice that they treat each other with exceeding violence. not only psychologically speaking, i observe the children slapping and kicking their parents or their siblings. in one case, they throw a baby against a wall. they don't approach me yet, but eye me with curiosity and malice.

i understand that their form of violence is something they neither feel nor dislike, it is an alternative way of living for them. the baby didn't cry when it hit the wall - it really didn't mind. for this family, violence means nothing. it is only the opposite of love. as they don't feel love or pain and they don't fear a kiss or a slash, they are as free as birds. in my dream, i was scared as shit and i thought i would surely die soon. i thought about this apparent lack of the boundaries of what's right. who makes the rules, i thought, when the values mean nil. and who follows them if that doesn't make sense?

the dream ended there, my alarm clock rang. of course, it's not me who made up these thoughts but juli zeh. and probably someone who once told me his only fear were child soldiers in africa, as their actions tend to be unpredictable due to the lifelong and extraordinarily violent abuse they have to suffer. and a distinct lack of love.
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