11 Oktober, 2009

die sache mit dem vermissen.


ja, afrika. scheint ja ein populäres land zu sein. meine schwester wohnt da jetzt, für drei monate. und mein bruder auch bald, für ein halbes jahr. afrika ist, wie man weiß, nicht das sicherste land. deswegen hab ich zum ersten mal bei der verabschiedung von lieben menschen angst. sowohl meine schwester als auch mein bruder werden sich sehr wohl fühlen. meine schwester wird entspannen können von einer super stressigen zeit, mein bruder sich verwirklichen.

nicht so gefährlich ist dagegen neuseeland. suse wohnt jetzt in neuseeland. das ist sehr weit weg, dieses land. das einzig gefährliche dort sind schafkarambolagen. und vielleicht die stinkegeysire in rotorua. suses seele atmet jetzt, unter dem weiten himmel da.

ebenfalls eher ungefährlich (außer für die autorin, die schon an anderer stelle über ihre starke aversion gegen diesen höllenort berichtete) ist hamburg. für alle außer der autorin ist hamburg eine stadt in norddeutschland mit überdurchschnittlich vielen regentagen, einem fischmarkt und jobs. dem regen die stirn bietend, zieht meine inga da gerade hin. inklusive espressomaschine und verdammich, das will was heißen. weil sie einen job angeboten bekommen hat, was in berlin nicht passiert ist.

ja, und dann ist da noch quebec. da wohnt meine nina. was gar nicht klar geht. und was ist mit melbourne? da wohnt meine kathleen.

was ebenfalls völlig absurd ist. berkeley, katrin. kiel, anja. und dann natürlich alle orte und alle menschen von früher.

ich, übrigens, wohne in berlin.

dooferweise. da wohnen jetzt nämlich keine menschen mehr, die mich seit ner dekade kennen. keine, mit denen man sich über abstruse sexabenteuer totlachen kann. mit denen man ins café jacques geht und die bedienung holt schon den roten portugiesen raus, ninas wein. mit denen man karten spielt und sich mit prosecco-aperol schnell aber sicher betrinkt.

dieser post ist also für alle die, die ich vermisse. die mich eigentlich umrunden, jetzt aber auf völlig verschiedenen orbits. die schafe streicheln, den fischmarkt morgens um vier besuchen, die winter bis april durchstehen, die weiterhin obst- und gemüsesaft auf der smith street trinken oder in kalifornien die redwood trees bewundern.

die sich den wind an der förde durch die haare wehen lassen und sich dabei um kleine töchter kümmern. die den tafelberg aus dem fenster sehen oder mir ihre adresse vom "heimathafen" zuschicken werden. ich vermiss euch, dolle auch.
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10 Juni, 2009

arbeitslosigkeit. eine studie zu symptomatik und therapieformen.

arbeitslosigkeit. eine zur zeit in deutschland grassierende epidemie. viele äußerst fähige, gut aussehende, viele sprachen sprechende, mit universitäts- und anderen abschlüssen qualifizierte menschen leiden an ihr. die symptomatik der arbeitslosigkeit besteht aus überdurchschnittlich langen schlaf- und frühstücksphasen, sinnkrisen im weiteren und engeren sinne ("was mach' ich bloß den ganzen tag lang? ach richtig, ich könnte ja nochmal das avid tutorial anstellen. oder rausgehen, kaffee trinken. ach!") und nicht zu vergessen, geldmangel. wie kann die arbeitslosigkeit therapiert werden? multifaktoriell. da wäre zum einen der verhaltenstherapeutisch am gelungenste weg der "bewerbung", eine maßnahme, bei der der erkrankte das problem an der wurzel zu beheben sucht.

die bewerbung, vor noch vier jahrzehnten eine äußerst erfolgsversprechende therapieform, ist zum heutigen tage nichtig geworden. heute zählen die so genannten "connections" ("kennste jemanden, der mal in marzahn 'ne asifamilie für "format dokumist" begleiten will? ach ja? geil, ist das die mit den großen ******? ja, die nehmen wir!"). die connections funktionieren auf weit subtilere weise als die bewerbung, sind allerdings aufgrund der arbiträr-unlogischen ratio des "connectors" nicht immer erfolgsversprechend ("ach, ist das die mit den großen ******? nee, die ist mir zu extrovertiert.").

ein weiteres hindernis bei der bekämpfung der arbeitslosigkeit ist die konstante flutung des arbeitsmarkts mit einer masse von fremdkörpern: dem überdurchschnittlich qualifizierten patienten. eine armee von perfekten arbeitskräften steht dort bereit und wartet auf die ideale therapie. wer immer noch denkt, bewerbungen machen sinn, der steht nicht selten anzeigen gegenüber, die verlangen, dass der bewerber a) kamera, b) ton, c) redaktion, d) schnitt, e) eigene vertonungen und f) einen eigenen arbeitsplatz vorweisen kann. mal zum vergleich: ein klassischer musiker spielt genau wieviele instrumente so richtig gut? genau.

betablocker, antidepressiva: wie behandelt man die arbeitslosigkeit medikamentös? nun, zum einen wird der usus von rauschmitteln aufgrund der symptomatik "langeweile" und "ratlosigkeit" des patienten empfohlen. zu den gängigsten rauschmitteln gehören kaffee und alkohol, natürlich in komorbidität mit den schon erwähnten langen schlafphasen. therapeutisch von großem nutzen sind die gruppentherapien mit so genannten "freunden", menschen, die dem patienten zuhören und rat geben ("du musst noch wohngeld beantragen! da gibt es so ne website, die heißt "kursnet", da kannste dir ne weiterbildung angucken!"). ebenfalls von wert ist der "sport", eine körperliche beschäftigung, bei der der patient mal "loslassen" kann von seiner ungeduld.

und dann, wenn der patient losgelassen hat, körperlich fit ist, sich von seinen freunden verstanden fühlt, wenn alle anderen ungeheuer qualifizierten fachkräfte nach "münchen" gegangen sind, wenn alkohol und kaffee selber langweilig geworden sind, dann, aber nur dann, kann im denken eines connectors eine supernova an synapsenharmonie eintreffen ("ach, ist das nicht diese ungemein fähige, musikalische, kreative, rundum geile redakteurin? die will ich!") und dann. dann sind wir geheilt.
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06 Juni, 2009

ohne ausweis in der sauna

westberlin, 1976. sybille und hans f. sind glücklich. beide sind studenten und haben gerade eine schöne wohnung gefunden, im westberliner prestige-stadtteil lichterfelde. die johannesstraße soll familie f., die zwei mädchen adoptiert haben, zum geliebten zuhause werden. nach einzug in die große altbauwohnung wird erst einmal renoviert. an den wänden hängen noch ein paar che guevara poster und auf die türen sind mittig rote sterne gemalt worden. herr und frau f. denken sich dabei nichts, sie selbst sind links orientiert und machen sich an die umgestaltung der wohnung. eine rutsche ins kinderzimmer, eine schaukel in den türrahmen. doch dann fangen die anrufe an. unbekannte, immer männer, rufen bei familie f. an und fragen nach monika. herr und frau f. betonen mehrmals, sie kennen keine monika. frau f. macht sich sorgen, hegt die vermutung, die junge familie stehe unter einem ihr nicht verständlichen verdacht. ihr mann beruhigt sie. nichtsdestotrotz ist die junge mutter nicht überzeugt. ständig meint sie nun, auf der straße oder im supermarkt würde sie beschattet.

eines kalten wintertages beschließt das ehepaar, in die sauna zu gehen, den stress mal ein wenig auszuschwitzen. die sauna in der filandastraße hat eine kleine hütte oben auf das dach gebaut, auf einer terrasse, auf der man über die stadt sehen kann. in bademäntel gehüllt betreten herr und frau f. die kleine sauna. sie sind die einzigen gäste. kaum haben sich ihre augen an die schwummrige beleuchtung gewöhnt, wird die tür aufgerissen und zwei stabile männer in trenchcoats und hüten stehen im türrahmen: "ihre ausweise, bitte!" frau und herr f. sind nackt, ausweislos und völlig schockiert. frau f. denkt, sie bricht gleich zusammen. herr f. lässt sich weniger anmerken, wie sehr ihn die situation belastet. beide greifen sich ihre bademäntel und folgen den herren nach draußen. und dort, auf der terrasse der sauna reden die vier klartext. nein, sie kennen keine monika. was das alles soll. warum sie beschattet würden, warum sie nicht in ruhe ihr leben leben könnten. die beiden herren im mantel schenken den beiden frierenden figuren nach und nach glauben. und klären auf.

westberlin, 1970. monika, gudrun und ulrike planen etwas. ihr freund andreas sitzt im gefängnis. mithilfe von monika schaffen es ulrike und gudrun, andreas die flucht zu ermöglichen. monika, die schon in jordanien die plo mit ihrer schnelligkeit und intelligenz zu beeindrucken wusste, taucht unter. und wieder auf, später im jahr, in der johannesstraße in lichterfelde-west. hier wurde ihr gesagt, solle sie sich melden, bei ihren genossen von der raf. als monika die wohnung betritt, die liebevoll mit che guevara postern und roten sternen geschmückt wurde, wird sie überwältigt. polizisten hatten den unterschlupf beschattet. monika berberich kommt ins gefängnis, so wie ihre mitstreiter gudrun ensslin und ulrike meinhof. berberich ist renitent und bricht 1976 aus dem hochsicherheitstrakt aus.

die vier figuren in bademänteln und trenchcoats schweigen. seit zwei wochen ist monika berberich in berlin unterwegs. und familie f. wohnt in "ihrer" wohnung. die vermutungen waren wahr, frau f. wurde tatsächlich beim einkaufen überwacht. herr und frau f. müssen ihre unschuld nicht erneut beteuern, die beamten glauben ihnen. nichtsdestotrotz ist familie f. für lange zeit auf verdächtigen-listen verzeichnet. die familie zieht nach westdeutschland. bei jeder einreise nach berlin wird ihr auto durchsucht. herr f. verliert ohne jede begründung mehrmals seinen job. heute sind die listen (hoffentlich) getilgt.

nach zwei wochen wird monika berberbich 1976 erneut gefasst und mus zurück in den knast. ensslin, baader und meinhof sterben im gefängnis, berberich nicht. heute lebt sie in frankfurt und ist verfasserin linksradikaler schriften. deutschland, so ein o-ton von ihr in einer bbc-reportage, sei ein faschistischer staat.
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10 Mai, 2009

gipfelstürmer und blumen




heute bin ich mit netten menschen und einem kopf voller restalkohol (ohauerha) auf das hörnle gestiegen. das hörnle ist ein berg hier in der nähe und der aufstieg war sehr anstrengend. oben war es dann fantastisch und wir alle glücklich. auf der hütten gabs kaiserschmarrn und der tag war gerettet.

dann bekam ich von unserer wundervollen maskenbildnerin winnie einen neuen haarschnitt. endlich wieder pony und viel kürzer als vorher. und viel besser. so, der rest ist schweigen.
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09 Mai, 2009

wandern




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my hood



und hier, christian, meine hood.
You betta watch how ya talking
And where ya walking
Or you and your homies might be lined in chalk...
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schöne neue welt

ich und meine reichtümer:
mein haus:
mein auto!
mein garten:

wie versprochen.
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28 April, 2009

ma+ine

heute nacht träumte ich von einem sehr selbstverständlichen mädchen aus einem fernen land, die erstaunlicherweise singer und songwriter war (mit acht). sie war ein bisschen alterslos, wie die kindliche kaiserin. meine großmutter hatte ihr vor langer zeit englisch beigebracht. sie brachte mir gitarre bei und ich übersetzte ein lied für sie. heute nachmittag bekam ich besuch im büro. ein sehr selbstverständliches kleines mädchen kam herein und stand bei lady d. am schreibtisch rum, rotznase, blond und nett. die mama vom kleinen mädchen war da für ein komparsencasting. ich saß mit dem rücken zum mädchen und als sie sagte, dass sie ihren namen schreiben könnte, sagte ich: "willste das hier mal machen?" und sie sagte ja. weil kein stuhl da war, setzte sich das mädchen auf meinen schoß. sie war schwer und nach eigenen angaben vier jahre alt. sie fing an zu schreiben: M A + I N E. ich sagte, "wie heißt du?" und sie sagte: "das steht doch da. maxine." maxine blieb noch ein bisschen und malte ein bild mit einer rosa blume mit rosa blättern und einer grünen sonne. besorgt fragte sie mich, als ihre mama wiederkam, wo der mund von der sonne sei und ich gab ihr noch einen roten stift. sie rutschte dann von meinem schoß, gab allen die hand, ich pinnte ihr bild an die wand, sie lächelte und verschwand.
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26 April, 2009

pfürti

grüß gott.

sagt hier tatsächlich jeder, auch jeder, der einem beim wandern entgegen kommt. man fragt sich, was man als überzeugter atheist (also, wenn schon irgendwas, dann doch nicht gott??) erwidern soll? und sowieso. wenn man sich schon denkt, "ich versau denen jetzt mal nicht ihren heiligen sonntag mit nem 'hallo'" und man auch 'grüß gott' sagt, isset ja auch falsch. denn: man hört sich ja gar nicht so AN wie die. man kann denn zwar mit seinem klardeutschen 'r' ankommen und 'grrrüß gott' im hals rumrutschen lassen - der richtige bayer rrrollt sein 'r' ja aber. also, was nun? sich als fake gottesgläubiger norddeutscher outen oder doch lieber 'hallo' sagen? ich optiere für ne gesunde mischung aus 'hallo', 'grüß gott' und ignorieren. man kann als berliner ja nicht wirklich jeden grüßen. ne.

und denn sagen die irgendwas, was ich noch nicht wirklich analysiert hab. das ist so wie in einem fremden land ankommen und eigentlich wissen, was 'tschüß' auf der jeweiligen landessprache heißt, aber die menschen sagen gar nicht 'tschüß'. so ähnlich, wie wenn ein ausländer nach deutschland kommt und feststellt, dass die doofen hier 'tschüssi', 'tschö (mit ö)' oder 'ciao' sagen. hier unten, im schönen ländle, sagen die 'pfürti'. kein scheiß. oder 'vergelt's gott'. was ich ja noch verstehe. aber 'pfürti'??

ich wäre aber natürlich nicht die kluge, interessierte redakteuse, die ich bin, wenn ich nicht recherchieren würde. 'pfürti' heißt nicht 'pfürti' sondern 'pfüati' und das kommt von "Pfüad di God!" = "Behüt' dich Gott!". klar. easy. :). 'etzat', by the way, steht für 'jetzt'. ich glaub, demnächst mach ich mal nen sprachkurs, dann versteh ich auch die nachfragen unserer putzfrau. und nun geh ich wandern, zu ner brücke, die über meinen lieblingsstrom fließt, die ammer. und vielleicht, wenn mich der teufel treibt, geh ich danach noch in ein kloster und gucke, wie die käse machen.

pfüati!
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29 März, 2009

Hamburg

Allein war Hamburg ein ganz bisschen besser. Sie ging zum Strand, grub ein Loch, so groß wie ein Grab und legte sich hinein. Kurz machte sie sich Gedanken über Handy-Empfang: würde sie seine Gedanken auch hier empfangen. Ihre Haut, winterlich blass, wurde lebloser, heller. Sie roch mediterrane Kräuter, Sonnenstrahlen, ein salziges Meer, das mit weichen Wellen an ihren Füßen leckte und ein sanft vergorenes Aroma von totem Mensch. Eine Nachricht von ihm. Er beschrieb ein Zusammentreffen mit einem krebskranken Jungen, fragte, wie man damit umgehen könne. Die Frage war rhetorisch und er bestimmt erfahrener im Umgang mit todkranken Kindern. Sie nahm eine Hand aus dem Grundwasser, stellte fest, dass ihre Haut in Fetzen herunterhing und antwortete in schönster Ruhe. Ihr Herz war so weich an diesen Tagen.

Allein war Hamburg ein ferner Planet. Sie stapfte durch Sternenstaub, klatschte in die Hände, um die interstellare Ordnung durcheinander zu bringen. Die weißen Haarsträhnen im Wind wehend, waren ihre Gedanken bei ihm, fern unter ihr, Galaxien entfernt. Eine Supernova lenkte sie kurz ab, blitzartig dachte sie darüber nach, dass Cheshirecat ja schon der Name eines Sterns war. Sonst hätte sie diesen just neugeborenen Ort wohl so benannt. Durfte sie das überhaupt? Sterne benennen? Wer benennt die Sterne? Ihre Entdecker? Und, wenn sie jetzt am allernächsten an der Nova dran war, war sie dann die Entdeckerin? Eine Nachricht von ihm über das Satellitentelefon: er beschrieb ein Zusammentreffen mit einem krebskranken Jungen, fragte, wie man damit umgehen könne. Die Frage war rhetorisch und er bestimmt erfahrener im Umgang mit todkranken Kindern als sie, die Himmelswanderin. Sie streckte ihre metallen behandschuhten Finger aus und tippte die mathematische Formel zur Heilung von Krebs in den riesigen Hörer, den sie sich mit einem Kabel um die Hüfte gebunden hatte. Ihr Herz war so weich an diesen Tagen.

Allein war Hamburg genau der höllische Moloch, den sie erwartet hatte. Während sie durch die Straßen taumelte, wurde ihr immer heißer. Ihr Rücken fing an zu schmerzen. Ein innerlicher Druck ließ sie aufstöhnen und sie merkte, dass die Luft, die aus ihren geblähten Nasenflügeln strich, nach Schwefel roch. Der Druck auf ihrem Steißbein erhöhte sich und ihre Schläfen pochten wie wahnsinnig. Migräne oder was, dachte sie und wurde wütend. Irgendwas machte ihr in ihren Winterstiefeln zu schaffen, es schien, als ob sie sich riesige Blasen an den Füßen gelaufen hatte. Eine Nachricht von ihm. Er beschrieb ein Zusammentreffen mit einem krebskranken Jungen, fragte, wie man damit umgehen könne. Die Frage war rhetorisch und er bestimmt erfahrener im Umgang mit todkranken Kindern als sie. Während sie auf „Antworten“ ging, stellte sie fest, dass schwarze Haare auf ihrem Handrücken wuchsen. Zerstreut dachte sie: „Muss an der Stadt liegen.“ Und antwortete ihm. Ihr Herz war so weich an diesen Tagen.
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14 März, 2009

05 Februar, 2009

innereien

es fehlt an ein- und außensichten. es wird zu wenig geschrieben. ich frage mich, was der unterschied zwischen güte und unterwürfigkeit ist. die definition entflieht, sucht sich einen ort, an dem weniger agressive menschen ihr sinn geben. ich werde am arm leicht kaputtgeschnippelt und unterziehe mich dann einer längst überfälligen schönheitsoperation. körperliche eingriffe? habe ich respekt vor. sie sind immer schwerwiegender, als man denkt. all die coolness wird unwichtig, denn der körper sagt und zeigt einem haarscharf, wie es ist. hast du angst? natürlich. tut es weh? natürlich. es lohnt sich nicht, zu lügen. ich wünschte, mein denken hätte die gleiche, selbstverständlich-stetige klarheit. dann kennte (?) ich auch den unterschied zwischen güte und unterwürfigkeit.
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28 Januar, 2009

grippe und ihre ansprüche

eine weitere woche ist vergangen. in dieser woche habe ich besuch bekommen von meiner großcousine grippe schmidt. grippe kommt immer unangemeldet vorbei und nervt mich dann tierisch. sie zwingt mich dazu, mit ihr im bett rumzuliegen und extrem viel tee und suppe zu kochen. schlimm. vor lauter genervtheit kriege ich ne laufende nase, kopfschmerzen und unrast im gebein. und dann, wenn ich denke: oh endlich! sie steht auf! bald geht sie! dreht sie sich um und lächelt ihr kleines, schiefes grinsen und ich sinke wieder in die kissen: noch ne runde tee.

das einzig gute am grippchen ist, dass sie mich dazu bringt, ihr bücher vorzulesen. das buch dieser woche hieß "rebecca" und ist 1938 von einer englischen dame namens daphne du maurier geschrieben worden. es stand sehr lange im bücherregal meiner eltern. als teenager wurde ich auf es aufmerksam, es war schön eingebunden und die schrift auf dem buchrücken war in romantischen, teenageraffinen lettern güldig eingraviert: Rebeccaich habe das buch viele, viele jahre nicht gelesen. mindestens 14 jahre nicht. aber immer behalten. sechs umzüge überstand "rebecca" meinen ausmistwahn. und nun, endlich, hab ich's gelesen. und muss sagen: geil, gutes buch. verstiegener, verquaster stil gepaart mit herrlichen details zu figuren und setting. apropos setting: "rebecca" spielt in cornwall, einem landstrich, den ich besonders liebe. angeblich ist das haus mit dem schönen namen "manderley", welches im buch beschrieben wird, angelehnt an "menabilly", ein anwesen in cornwall, in dem daphne du maurier viele jahre gelebt hat. leider ist das haus so wunderschön beschrieben, dass die fotos, die man von menabilly online findet, dem überhaupt nicht gerecht werden und so gibt's hier keins. es gibt allerdings ein foto von daphne von maurier.
und, um mal mit miss vk zu sprechen: die ist doch ne schwester. tatsächlich hat sich miss maurier ihr leben (und drei kinder und einen ehemann) lang damit herumgeschlagen, lesbisch zu sein. ebenfalls interessant ist, dass "rebecca" von hitchcock verfilmt wurde und 1940 einen oscar bekommen hat. ich empfehle also die lektüre dieses werkes, auch, wenn bei euch keine großcousinen vor der tür stehen.

ich musste grippe noch den anfang eines anderen buches vorlesen, das auf dem bücherstapel neben meinem bett liegt. dieser bücherstapel trägt das unsichtbare label "bücher, die in meinem regal stehen, ich aber nie gelesen habe". "madame bovary" lässt sich gut an, mehr dazu aber später.
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05 Januar, 2009

schnee und theorie

guten tag.

mir ist vollends bewusst, dass meine praktisch angewendeten literatur- und theaterwissenschaftstheorien schon sehr lange zurück liegen, ich also überhaupt nicht mehr up to date bin und ehrlich: ich würd auch gern mal wieder was lesen und benutzen, zum denken. aber: mach ich nicht. ich lese nämlich schon andere dinge, wie zum beispiel sluggy freelance oder die dirty havana trilogy von pedro juan gutiérrez und deswegen sieht's mit der theorie schiete aus. nichtsdestotrotz fiel mir eben ein alter theoretischer gedankengang ein, der mich in meiner magisterarbeit interessiert hat. es handelt sich um eine kleine idee von wolfgang iser, der sagte, dass zwischen allen menschen eine unbekannte im verständnis liegt, die dafür sorgt, dass man sich nie sicher sein kann, dass der andere genauso denkt wie man selber. es ist also immer unklar, ob das gegenüber, so vertraut er oder sie auch sein mag, die gleichen empfindungen hat, die gleichen gedankenblitze, den gleichen erfahrungshintergrund. deswegen, weil man's nicht weiss, sind wir prinzipiell alle ungleich.

vor diesem hintergrund (und ohne ihn ins positive aufzulösen, schließlich führ ich hier nen intelli-blog) steht nun: der schnee von heute. gestern nacht, als ich von einem sehr guten theaterstück (apropos intelli und apropos performativitätstheorien: ich empfehle rené polleschs "tod eines praktikanten" von gestern und auch schon jetzt "du hast mir die pfanne versaut, du spiegelei des terrors", premiere in der volxbühne am mittwoch) wiederkam und mit meinen 10 zentimeter absätzen den berg in meiner straße hochlachte und -rutschte, wollte ich eigentlich rein ins gemach, kamera holen, nichtexistenten schlitten durch plastiktüte ersetzen, kamera auf aufnahme drücken, mich im schneetreiben auf plastiktüte setzen und denn "vorsicht, ich komme!" in die dunkelheit brüllen und den berg runterglitschen. es war aber leider schon ein bisschen zu spät und ich nicht mutig genug, die nachbarn wachzubrüllen.

heute morgen allerdings, als ich aus der haustür trat, gab es ein winter wonderland: allet weiß! und dazu ne goldene morgensonne. ich fand es ganz köstlich, wie der schnee den himmel bläulich reflektierte und dazu dieses milde orange der sonne ein farbiges gegengewicht setzte. ich rannte zum bus und fuhr in richtung arbeit. als ich am tiergarten vorbeifuhr, blieb mir fast die luft weg. mann, war das SCHÖN! die bäume, alle verschneit, die wiesen weich und weiss und die sonne, die blau-orange-funkelnd durch wipfel strich. wunderbar. ich bekam die beste laune seit langem. was bestimmt auch an madsen lag, die mir ins ohr sangen, dass ich so sei wie ich sei. was unbestritten wahr ist.

was hat dieser schneegenuss nun mit wolfgang iser zu tun? folgendes. ich komme zur arbeit, es gibt die obligatorische montags-morgens-redaktionssitzung und ich sehe sus, die strahlt und witzchen macht. und vorschlägt, dass wir alle mal dringend ne schneeballschlacht machen müssten, jetzt. sie ist nämlich mit dem fahrrad durch ebenjenen tiergarten gefahren und hat die ganze pracht des schnees und der sonne in ihren geist aufgenommen. und hat deswegen hammerlaune. so wie ich. also: fuck wolfgang iser. zumindest sus und ich haben heute überhaupt keine unbekannte zwischen uns. der schnee überbrückt alle differenzen. happy new year.
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