28 Januar, 2009

grippe und ihre ansprüche

eine weitere woche ist vergangen. in dieser woche habe ich besuch bekommen von meiner großcousine grippe schmidt. grippe kommt immer unangemeldet vorbei und nervt mich dann tierisch. sie zwingt mich dazu, mit ihr im bett rumzuliegen und extrem viel tee und suppe zu kochen. schlimm. vor lauter genervtheit kriege ich ne laufende nase, kopfschmerzen und unrast im gebein. und dann, wenn ich denke: oh endlich! sie steht auf! bald geht sie! dreht sie sich um und lächelt ihr kleines, schiefes grinsen und ich sinke wieder in die kissen: noch ne runde tee.

das einzig gute am grippchen ist, dass sie mich dazu bringt, ihr bücher vorzulesen. das buch dieser woche hieß "rebecca" und ist 1938 von einer englischen dame namens daphne du maurier geschrieben worden. es stand sehr lange im bücherregal meiner eltern. als teenager wurde ich auf es aufmerksam, es war schön eingebunden und die schrift auf dem buchrücken war in romantischen, teenageraffinen lettern güldig eingraviert: Rebeccaich habe das buch viele, viele jahre nicht gelesen. mindestens 14 jahre nicht. aber immer behalten. sechs umzüge überstand "rebecca" meinen ausmistwahn. und nun, endlich, hab ich's gelesen. und muss sagen: geil, gutes buch. verstiegener, verquaster stil gepaart mit herrlichen details zu figuren und setting. apropos setting: "rebecca" spielt in cornwall, einem landstrich, den ich besonders liebe. angeblich ist das haus mit dem schönen namen "manderley", welches im buch beschrieben wird, angelehnt an "menabilly", ein anwesen in cornwall, in dem daphne du maurier viele jahre gelebt hat. leider ist das haus so wunderschön beschrieben, dass die fotos, die man von menabilly online findet, dem überhaupt nicht gerecht werden und so gibt's hier keins. es gibt allerdings ein foto von daphne von maurier.
und, um mal mit miss vk zu sprechen: die ist doch ne schwester. tatsächlich hat sich miss maurier ihr leben (und drei kinder und einen ehemann) lang damit herumgeschlagen, lesbisch zu sein. ebenfalls interessant ist, dass "rebecca" von hitchcock verfilmt wurde und 1940 einen oscar bekommen hat. ich empfehle also die lektüre dieses werkes, auch, wenn bei euch keine großcousinen vor der tür stehen.

ich musste grippe noch den anfang eines anderen buches vorlesen, das auf dem bücherstapel neben meinem bett liegt. dieser bücherstapel trägt das unsichtbare label "bücher, die in meinem regal stehen, ich aber nie gelesen habe". "madame bovary" lässt sich gut an, mehr dazu aber später.
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05 Januar, 2009

schnee und theorie

guten tag.

mir ist vollends bewusst, dass meine praktisch angewendeten literatur- und theaterwissenschaftstheorien schon sehr lange zurück liegen, ich also überhaupt nicht mehr up to date bin und ehrlich: ich würd auch gern mal wieder was lesen und benutzen, zum denken. aber: mach ich nicht. ich lese nämlich schon andere dinge, wie zum beispiel sluggy freelance oder die dirty havana trilogy von pedro juan gutiérrez und deswegen sieht's mit der theorie schiete aus. nichtsdestotrotz fiel mir eben ein alter theoretischer gedankengang ein, der mich in meiner magisterarbeit interessiert hat. es handelt sich um eine kleine idee von wolfgang iser, der sagte, dass zwischen allen menschen eine unbekannte im verständnis liegt, die dafür sorgt, dass man sich nie sicher sein kann, dass der andere genauso denkt wie man selber. es ist also immer unklar, ob das gegenüber, so vertraut er oder sie auch sein mag, die gleichen empfindungen hat, die gleichen gedankenblitze, den gleichen erfahrungshintergrund. deswegen, weil man's nicht weiss, sind wir prinzipiell alle ungleich.

vor diesem hintergrund (und ohne ihn ins positive aufzulösen, schließlich führ ich hier nen intelli-blog) steht nun: der schnee von heute. gestern nacht, als ich von einem sehr guten theaterstück (apropos intelli und apropos performativitätstheorien: ich empfehle rené polleschs "tod eines praktikanten" von gestern und auch schon jetzt "du hast mir die pfanne versaut, du spiegelei des terrors", premiere in der volxbühne am mittwoch) wiederkam und mit meinen 10 zentimeter absätzen den berg in meiner straße hochlachte und -rutschte, wollte ich eigentlich rein ins gemach, kamera holen, nichtexistenten schlitten durch plastiktüte ersetzen, kamera auf aufnahme drücken, mich im schneetreiben auf plastiktüte setzen und denn "vorsicht, ich komme!" in die dunkelheit brüllen und den berg runterglitschen. es war aber leider schon ein bisschen zu spät und ich nicht mutig genug, die nachbarn wachzubrüllen.

heute morgen allerdings, als ich aus der haustür trat, gab es ein winter wonderland: allet weiß! und dazu ne goldene morgensonne. ich fand es ganz köstlich, wie der schnee den himmel bläulich reflektierte und dazu dieses milde orange der sonne ein farbiges gegengewicht setzte. ich rannte zum bus und fuhr in richtung arbeit. als ich am tiergarten vorbeifuhr, blieb mir fast die luft weg. mann, war das SCHÖN! die bäume, alle verschneit, die wiesen weich und weiss und die sonne, die blau-orange-funkelnd durch wipfel strich. wunderbar. ich bekam die beste laune seit langem. was bestimmt auch an madsen lag, die mir ins ohr sangen, dass ich so sei wie ich sei. was unbestritten wahr ist.

was hat dieser schneegenuss nun mit wolfgang iser zu tun? folgendes. ich komme zur arbeit, es gibt die obligatorische montags-morgens-redaktionssitzung und ich sehe sus, die strahlt und witzchen macht. und vorschlägt, dass wir alle mal dringend ne schneeballschlacht machen müssten, jetzt. sie ist nämlich mit dem fahrrad durch ebenjenen tiergarten gefahren und hat die ganze pracht des schnees und der sonne in ihren geist aufgenommen. und hat deswegen hammerlaune. so wie ich. also: fuck wolfgang iser. zumindest sus und ich haben heute überhaupt keine unbekannte zwischen uns. der schnee überbrückt alle differenzen. happy new year.
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